Weibliche sexuelle Freiheit

Frauen und ihre sexuelle Freiheit – darüber haben sich noch vor wenigen Jahrzehnten die Feministinnen ihre Finger blutig geschrieben.

Ihre Stimmen heiser geschrien. Haben ihre Männer dafür verlassen und im selben Atemzug gerne auch noch ihren Chef.

Durch die Frauenbewegung ist viel geschehen – und heute dürfen wir sexuell soviel freier leben als unsere Mütter und Großmütter. Das ist jedoch nur die eine Seite des Themas: das, was wir alle alles tun dürfen.

Wir dürfen: mit Frauen, mit Männern, mit Gummi, mit reichlich Erfahrung und Lust. Liste vollständig?

Fast. Fehlt nur noch die Freiheit: nicht zu wollen. Anders zu wollen (plötzlich mittendrin). Anders zu wollen (schon davor). Sich überfordert, übersehen, überwältigt (positiv), überwältigt (negativ), sprachlos (positiv), sprachlos (negativ), begeistert oder wütend, immer nur geil oder nie geil zu fühlen. Nie zu kommen oder vielfach zu kommen oder grußlos zu gehen.

Wir alle haben über Sexualität Verschiedenes gelernt und daraus Gewohnheiten und Vorstellungen über uns und den Sex abgeleitet. Daran ist nichts falsch.

Aber wenn das irgendwann einmal – Göttin weiß warum – nicht mehr funktioniert, dann setzt genau da die Frage nach meiner inneren sexuellen Freiheit an: Darf ich das so finden und so erleben, wie ich es nunmal zur Zeit erlebe?

Oder muss ich darüber hinweggehen und aus mir eine Person basteln, die im Bett dann doch ein bisschen angepasster, richtiger und pünktlicher ist als dieser kleine, rebellische Teil in mir?

Während äußere sexuelle Freiheit eine kollektive und kulturelle Frage ist, ist die innere sexuelle Freiheit eine unbedingt persönliche und unbedingt individuelle – und eine unbedingt mutige.

Meine meine meine Freiheit, die ich weder tauschen noch kopieren, weder verkaufen noch bestechen kann. Die ich mir nur selbst und nur bedingungslos geben kann. Sind wir sexuell frei? Frei im Außen – ja. Aber auch frei im Innen? Nein.

Innere sexuelle Freiheit – das ist die maßlose, schamlose, schuldlose Abwesenheit von Konzepten, Ideen, Forderungen. Und da, so behaupte ich, liegen für jede Seele noch große Herausforderungen bereit.

Damals, als wir offen, neugierig, aufgeregt waren, als wir all das hätten erkennen und in unseren eigenen Schößen finden können, da lernten wir stattdessen, uns an der sexuellen Vermarktung zu orientieren. (Lust-haben-müssen übrigens ist der weibliche Lustkiller Nummer 1.) Das Ergebnis sind zwei Ideale von Sexiness – eins für Frauen und eins für Männer. In einer Welt von mehreren Milliarden Menschen.

Es ist absurd.

Wenn ich mich auf den Weg in meine innere sexuelle Freiheit aufmache, dann ent-wickelt sich vor meinen erstaunten Füßen ein Weg, der Schicht um Schicht vieles, was ich über mich und meinen Sex zu wissen glaubte, als Irrtum aufdeckt. Ich lerne, dass mein Körper – lasse ich ihn denn – ganz andere, ganz neue, ganz einfache Wege in die Lust findet. Dass meine Ideen und Forderungen mir selbst gegenüber mich zu einem anderen Wesen im Sex geformt haben als zu jenem Wesen, das von Anbeginn aller Zeiten an in mir auf mich wartet.

Innere sexuelle Freiheit ist ein fantastisches persönliches Abenteuer und unmöglich eines, das für zwei Menschen gleich aussieht. Aber im Austausch, im Atmen, Spüren und Fühlen nehmen sich die Seelen gerne an die Hand und lernen voneinander. Immer wieder erlebe ich, dass Frauen ein großes Talent für erotische Rebellionen und die Findung neuer Wege haben.

Eine mächtige Intuition für das Wissen, das unter all dem Gelernten in ihrem Schoß liegt. Wir werden sehen: Wir wissen soviel mehr, als wir uns glauben…